»Qafila-t-as-Salam«
Qaflla-2001/Christof Wackenagel
(UH) Zweihundert Künstler aus allen Bereichen der Kunst, zur
Hälfte Frauen, zur Hälfte Männer, aus allen fünf Kontinenten
treffen sich in Tripolis, Libyen, um von dort aus auf Kamelen über
Chad und Sudan nach Uganda zu reisen. Während ihrer Reise entwickeln
sie in internationalen Gruppen individuelle und kollektive Lyrik und Prosa.
Theater und Zirkusstücke, Filme und Musik, Malereien und Skulpturen,
wobei sie sich über ihre verschiedenen Kulturen informieren und gegenseitig
beeinflussen. Die Ergebnisse der Karawane Qafila-t-as-Salam werden dokumentiert
und auf Festivals in den beteiligten Ländern präsentiert.
Die Reise der Karawane erstreckt sich über eine Entfernung von
etwa 5500 Kilometern und einen Zeitraum von etwa einem Jahr. Auf Foren
während der Reise sprechen die Teilnehmer über Religion und
Ethik, über Nationalismus versus Weltbürgertum, über Tradition
und Moderne, über Menschenrechte, Gesetze und Justiz, über Wissenschaft
und Ökologie, über Rationalität, Magie und Mystik.
Das Zusammentreffen der Kulturen soll neue Ideen von Kunst und Leben erscheinen
lassen.
»QafiIa« heißt: Die Karawane, »as-Salarn«
bedeutet »der Frieden, Man könnte also übersetzen:
»die Friedenskaravane«. »Salam« ist in den vier
beteiligten Ländern die Begrüßungsformel. Sie drückt
Freundschaft, Offenheit und Akzeptanz aus, das Versprechen keine feindseligen
Absichten zu haben.
Die Künstler - einzeln oder in Gruppen - werden in ihrem jeweiligen
Medium, Schrift, Ton oder Bild, ihre Erfahrungen auf der Karawane, mit
den Menschen und Landschaften, auf die sie treffen, in künstlerische
Werke verwandeln und damit auf vielfältige Weise dokumentieren.
Philosophie dieses Vorhabens. Das Leben im »Globalen Dorf«.
wo man in der Lage ist, innerhalb von Stunden tausende von Kilometern
zu überwinden, lässt die Menschen das Verhältnis zu Zeit
und Raum verlieren. Die Langsamkeit der Kamele wird es den Teilnehmern
der Qafila-t-as-Salam zurückgeben.
Die Beteiligten der jeweiligen Etappe führen auf einem Festival die
Ergebnisse ihrer Zusammenarbeit vor. Anläßlich eines jeden
Festivals wird ein Großteil der Künstler wechseln, um neue
und in der Verbindung verschiedener kultureller Herkunftsbedingungen einzigartige
künstlerische Ergebnisse hervorzubringen. Es ist geplant, dass in
den Herkunftsländern der beteiligten Künstler parallel zu den
Festivals Kulturveranstaltungen zu den jeweiligen Ländern stattfinden.
Die beteiligten Künstler aus aller Welt tauschen sich über das
Internet aus. Auf der Website der Qafila-t-as-Salam (www.dialogderkulturen.de) werden
alle ankommenden Ideen diskutiert und das Festivalprogramm abgestimmt.
Ein Organisationssbüro in Bochum plant den exakten Verlauf der Reise
und klärt Fragen zu Ernährung, Hygiene, Logistik und Finanzen.
Es organisiert Vortouren zur Routenplanung und Treffen mit den Botschaftern
der beteiligten Länder und realisiert vorbereitende Informations-
und Kunstveranstaltungen.
Das erste Festival im Rahmen der Karawane ist in Tripolis geplant. Qafila-t-as-Salam
soll den Blick der Metropolen auf den Kontinent Afrika richten. In Afrika
finden sich die Ursprünge der Menschheit. Tripolis ist seit der Zeit
der Phönizier das Tor zu Afrika. Zahlreiche berühmte Forschungsreisende
des neunzehnten Jahrhunderts brachen von Tripolis auf. Kampala, der Victoriasee
- das ist das Herz von Afrika, In Kampala wird das Abschlussfest der Karawane
stattfinden. Von Tripolis nach Kampala: vom Tor ins Herz von Afrika.
Die Berichterstattung über die beteiligter Länder und den afrikanischen
Kontinent wird nicht von Katastrophen oder Elend bestimmt sein, sondern
von den dort lebenden Menschen, ihrer Kultur und ihrer Lebensweise. Das
Projekt zielt auf gleicht berechtigten Dialog und Verständigung.
Die Künstler fragen nicht, ob die Kollegin am Schlagzeug Jüdin
ist, auch wenn sie selbst Palästinenser sind. Das Medium Kunst ermöglicht
eine Ausdrucksform, die es den Menschen erlaubt, sie anzunehmen, an ihr
teilzunehmen,, ohne von sich selbst abrücken zu müssen. Das
ist die Chance der Qafila-t-as-Salam: der Kommunikation Türen zu öffnen.
UNESCO heute Nr. 4/2001
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